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Absonderliche Trennregeln

Zusammen schreiben | Silben trennen | Sonstige Schreibungen

Zusammen schreiben






  • Das neumodische Auseinanderschreiben von eigentlich zusammengehörenden Wortteilen mag ja in einigen Fällen noch mehr („Rad fahren“) oder weniger („Eis laufen“) sinnvoll sein, aber ob man etwa in der Schule „sitzen bleibt“ (nicht vom Stuhl aufsteht) oder „sitzenbleibt“ (die Klasse wiederholt), da bestand bisher ein großer Unterschied, der nach den neuen Regeln nicht mehr richtig ausgedrückt werden kann.

  • Auch der „vielversprechende“ Politiker, der vormals als aussichtsreicher Nachwuchskandidat angesehen wurde, ist nunmehr nur noch der „viel versprechende“ (und wenig haltende) Politiker. So gehen nicht nur Bedeutungen verloren, es werden auch bestehende verfälscht. Weitere Beispiele: freisprechen, krankschreiben, auseinandersetzen, zusammenschreiben, zusammenkommen.

  • Der Satz: „Er ging nach Hause, um ein- und aufzuräumen.“ mutiert wegen der nun üblichen Auseinanderschreiberei und dem Weglassen des Kommas beim erweiterten Infinitiv zu: „Er ging nach Hause um ein und auf zu räumen.“. Bei einer solchen Aneinanderreiherei von ehemaligen Vorsilben und Kurzworten wird einem ja beim Lesen schlecht.

  • Ähnlich verhält es sich mit dem Satz: „Er vergaß, einzukaufen.“ (tja, Pech), der in seiner neuen Form „Er vergaß ein ... zu kaufen.“ (ja, was denn?) beim Lesen schnell schon mal völlig neue Fragen aufwirft.

  • Demnächst sollen wieder mehr Wörter zusammengeschrieben werden; je nach Sinnzusammenhang sind dann beide Schreibungen zulässig. Da mußte die vielgepriesene Unabhängigkeit der Syntax (Form) von der Semantik (Inhalt), was ja eigentlich einer der Hauptzwecke der Reform war, mal wieder aufgeweicht werden und sich unterordnen.

Silben trennen






  • Der schon seit Urzeiten bekannte Merkspruch: „Trenne nie »st«, denn es tut ihm weh!“ ist jetzt brutal zu Grabe getragen worden. Denn ein „st“ in der Wortmitte ist nun keines Trennanschlages mehr sicher. Ursprünglich gab es das „st“ (aus technischen Gründen) als eine einzige Schrifttype; um an dieser Stelle trennen zu können, hätte der Drucksetzer damals schon eine Säge gebraucht.

  • Wurde früher „st“ also niemals auseinandergerissen, ist es nach den neuen Regeln jetzt nicht mehr so eindeutig, ob getrennt wird („Wes-te“) oder nicht („West-ende“). Generell muß mal wieder aus dem Sinn des Wortes heraus argumentiert werden: endet z.B. ein Wortstamm auf „st“, so wird nicht getrennt, ansonsten (jedenfalls meis-tens) schon.

  • Nur ist dies nicht immer so einfach entscheidbar. Was ist z.B. mit „günstig“, „Ostern“ oder „konstant“? Wo sind da die Grenzen zwischen den Vorsilben und Wortstämmen? Allein mit dem jetzt auch immer wieder empfohlenen Silben-Rhythmus-Klatschen kommt man da nicht weiter. Und wenn ein Silbentrennprogramm das sinnvolle Fragment „abends“ erkennt, wird automatisch „Abends-tern“ falsch getrennt.

  • Ähnlich wie beim „st“ verhält es sich mit dem „sp“ in der „Atmosphäre“: wo wird getrennt? Bleibt nun das „sp“ zusammen oder eher das „ph“? Als generelle Faustregel kann auch hier inzwischen gelten: wenn es ziemlich komisch aussieht, ist es wahrscheinlich richtig.

  • Allgemein gilt: bei in Vokale eingeschlossener Konsonantenverdopplung kann zwischen den beiden gleichen Buchstaben getrennt werden („kom-men“, „Fal-le“).

  • Es gibt zwei besondere Ausnahmen, bei denen nicht der Konsonant selbst verdoppelt wird; dies ist einerseits das „ck“, das statt „kk“, und andererseits das „tz“, das statt „zz“ geschrieben wird. Zwischen den beiden Buchstaben konnte jeweils auch getrennt werden („Kat-ze“), das „ck“ löste sich dabei wieder in „k-k“ auf („Zuk-ker“). Hier wird der kurz gesprochene Laut auch nach der Trennung (die beiden Wortteile stehen ja meist weit auseinander) noch gut deutlich und stört den Lesefluss nicht.

  • Jetzt stehen die Dinge aber anders: beide Fälle werden nun unterschiedlich behandelt. Während beim „tz“ alles beim alten geblieben ist, soll das „ck“ bei der Trennung komplett in die nächste Zeile wandern („Zu-cker“). Hier ist beim Lesen der ersten Silbe nicht erkennbar, dass es sich um einen kurzen Laut handelt und wird deshalb oft phonetisch falsch aufgefasst. Dies kann vor allem bei einem lauten Vorlesen sehr irritierend wirken.

Sonstige Schreibungen






  • Statt „zweifach“ schrieb man auch oft kurz nur „2fach“, ersetzte also das Zahlwort einfach durch die entsprechende Zahl. Die neue Form dafür lautet jedoch „2-fach“, also mit Bindestrich. Dies wirft aber vor allem bei Verwendung von Spannen, also z.B. „2-3fach“ Probleme auf, denn jetzt hat man es mit „2- - 3-fach“ geschachtelten Bindestrichen zu tun. Und das sollen etwa „6- - 8-Jährige“ in der Schule lernen...

  • Fremdsprachliche Wörter sollen jetzt wie im Original geschrieben werden -- tja, denkste! So wird beim Plural einfach mal pauschal ein „s“ angehängt, auch wenn es dafür beim Original kein Pendant gibt: „Babys“ (statt: „Babies“) oder „Handys“ (die auf Englisch im übrigen „cell phones“ oder einfach „mobiles“ heißen).

  • Es gibt im Englischen zahlreiche Fälle, die bei der Pluralbildung eine Ausnahme zu dieser „s“-Regel bilden, wie „leaf/leaves“ (Blatt/Laub), „knife/knives“ (Messer), „wife/wives“ (Ehefrau[en]), „foot/feet“ (Fuß/Füße) oder „mouse/mice“ (Maus/Mäuse), um nur einige zu nennen. Die Mehrzahl einer „Computermouse“ muß also nach Regelwerk „Computermouses“ heißen (die dann an verschiedenen „Computers“ eingesetzt werden).

  • Andere Formen werden einfach eingedeutscht und entsprechend angepasst, wie beim „Portmonee“. Inzwischen spricht man ja auch vom „emailen“ (ist etwas anderes als „emaillieren“!) und „smsen“, obwohl eigentlich „E-Mail schreiben“ und „SMS schreiben“ (neu-)regelkonformer wäre (siehe oben: „Rad fahren“).

  • In der Kombination heißt es irgendwann dann auch mal „Kinders“, gefolgt von „Leutz“ und endet richtig kriminell bei „Warez“...

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Stand: 28. März 2016